Der Fuchs, der Hase und der Mohn
von Gazania
Eines sonnigen Tages trafen sich auf einer Lichtung im Wald ein kleiner Hase und ein Fuchs.
Der Fuchs dachte bei sich "Na den Hasen werde ich mir gut schmecken lassen" und schlich
langsam um ihn herum. Der Hase duckte sich, legte seine Löffel an und ließ den Fuchs nicht
eine einzige Sekunde aus den Augen. Als der Fuchs dachte, es wäre ein geeigneter Moment,
sprang er mit einem Satz auf den Hasen zu und wollte ihn packen, doch dieser hoppelte
elegant ein Stück zur Seite und der Fuchs landete mit der Schnauze im feuchten Moos. Der
Hase duckte sich wieder und legte die Ohren an, der Fuchs schüttelte sich und schlich dann
wieder langsam um ihn herum.
So ging es einige Zeit weiter, der Hase wich jedesmal aus und der Fuchs hatte bereits eine vom
Moos grüngefärbte Nase. "So wird das nichts," dachte er, "ich muss den Hasen ablenken, dann
krieg´ ich ihn". Und während der Fuchs so nachdachte, hatte der kleine Hase begonnen, an
einem Löwenzahnblatt herumzuknabbern. Der Fuchs legte sich vor ihm ins Moos und sah ihn
an. "Sag mal, mein Freund, magst du vielleicht etwas Salat?" Der Hase sah ihn kurz an und
knabberte dann weiter an seinem Löwenzahnblatt. "Oder vielleicht eine Karotte?" fragte der
Fuchs weiter. Wieder sah ihn der Hase nur kurz an und knabberte dann weiter an seinem
Löwenzahnblatt. Der Fuchs überlegte. "Sag mir, kleiner Freund, was ist deine Leibspeise?" -
"Mohn." antwortete der Hase und knabberte weiter. "Weißt du was, ich besorge dir etwas
Mohn," sagte der Fuchs, "dann weißt du, dass wir Freunde sind und brauchst dich nicht mehr
vor mir zu fürchten. Warte hier, ich bin gleich zurück."
Der Fuchs machte sich auf den Weg gen Osten und fand nach kurzer Zeit an einem Kornfeld
eine Mohnblume. Er pflückte sie und kehrte zu dem Hasen zurück. "Hier, eine Mohnblume, nur
für dich." sagte er und legte die Blume vor dem Hasen auf den Boden. Der Fuchs ging etwas
zurück und der Hase hoppelte zu der Blume, schnupperte daran und sagte "Das ist nicht die
Richtige." - "Was stimmt damit nicht?" fragte der Fuchs verwundert. "Die Mohnblumen im
Westen sind viel saftiger. Das hier ist eine von den trockenen, die schmecken nicht."
antwortete der kleine Hase. Sogleich machte sich der Fuchs auf den Weg nach Westen.
An einem Maisfeld fand er eine große, rote Mohnblume, pflückte sie und kehrte zu dem Hasen
zurück. Der Hase schnupperte daran und sagte "Die ist schon besser, aber wirklich gut ist die
nicht. Die riecht nach Mais, an einem Maisfeld pflückt man aber keinen Mohn, der große Mais
hält die Sonnenstrahlen fern." Der Fuchs stöhnte. "Weiter im Westen gibt es ein Rapsfeld, dort
wächst der beste Mohn." sagte der Hase und der Fuchs machte sich wieder auf den Weg. Er lief
schnell gen Westen und tatsächlich, er fand das Rapsfeld, pflückte eine große, saftige
Mohnblume und kehrte völlig ausser Atem zu dem Hasen zurück. "Hier," keuchte er, "hier ist
deine Mohnblume. Glaubst du mir nun, dass du keine Angst vor mir haben brauchst?" Der
Hase knabberte kurz an dem Mohn und nickte. "Da wir ja jetzt Freunde sind," sprach er, "tust
du mir doch sicher noch einen Gefallen. Trag´ mich auf deinem Rücken zu dem
Sonnenblumenfeld im Norden, dort gibt es den besten Klee. Mit etwas Klee schmeckt der Mohn
gleich tausendmal so gut. Und dann zeigst du mir, wo du wohnst, ja?" Der Fuchs seufzte,
dachte aber an das leckere Fleisch des Hasen und stimmte zu. Einmal im Fuchsbau würde es
für ihn kein Entrinnen mehr geben.
Der kleine Hase sprang auf den Rücken des Fuchses, die drei Mohnblumen zwischen den
Zähnen und dirigierte dem Fuchs, wo er langlaufen sollte. Schließlich kamen sie an einem
Bauernhof mit einem großen Sonnenblumenfeld an. "Warte hier" sagte der Hase, "ich hole mir
schnell etwas Klee. Den besten Klee gibt es hinter dem Zaun am Rande des Hofs. Bin gleich
zurück." und kroch unter dem Zaun her. Der Fuchs beschloss, sich einen Moment auszuruhen
und ließ sich in das kühle Gras sinken. Der Hase hoppelte unterdessen fröhlich zum Hofhund
und flüsterte ihm zu "Dort drüben, hinter dem Hühnerstall, liegt ein Fuchs. Ich glaube der will
ein Huhn stehlen. Aber warte noch einen Augenblick, damit du ihn auf frischer Tat ertappst."
und der Hund spitzte die Ohren. Der Hase kroch auf der anderen Seite des Hofs unter dem
Zaun her, sammelte etwas Klee vom Rande des Sonnenblumenfelds und hoppelte gemütlich
nach Hause.
Nach einer Zeit wurde es dem Fuchs zu bunt und er beschloß, nachzusehen, wo der Hase
bliebe. Sein Magen knurrte und schon bei dem Gedanken an Hasen lief ihm das Wasser im
Mund zusammen. Also zwängte er sich unter dem Zaun durch und wurde schon vom Hofhund
erwartet. Und weil er so viel hin und hergelaufen war, wollten ihn seine müden Beine nicht
mehr tragen. Der Hund hatte leichtes Spiel und packte sich den Fuchs, der von da an nie mehr
gesehen ward. Der Hase hingegen brachte seiner ganzen Familie frischen Klee und soviel Mohn
mit, wie sie lange nicht mehr auf dem Tisch hatten. Es gab ein richtiges Festmahl und noch
heute wird den jungen Hasenkindern die Geschichte vom schlauen Hasen, der den listigen
Fuchs überlistete, erzählt.
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