Link zum Impressum Link zum Gästebuch

Trautes Heym
Merket auf!
Talli Ho!

 

Tandaradey
Gästezimmer
Taverne

 

Spielhilfe
Wegweyser
Grundriß

 

Abonnieren



Ohne Titel
von Gazania

Auf dem Boden der Taverne, in einer abgelegeneren Ecke, liegt ein Stück Papier, zusammengeknüllt, anscheinend eine herausgerissene Seite aus einem Buch. Wer sie aufhebt und glattstreicht, sieht, dass sie mit dünnen schwarzen, geschwungenen Buchstaben beschrieben wurde, und kann folgenden Text lesen:

Da schwebte sie also hinab in eine ungewisse Zukunft. Eben noch war sie Teil eines Ganzen gewesen, trug den Körper durch die Luft und zitterte im Wind, der Sonne entgegen. Dann kam der unerwartete Schlag, die ungleichmäßige Bewegung, die nötig war, um der Windböe etwas entgegenzusetzen. Gleich würde sie in den Dreck der Erde fallen, beraubt jeder Freiheit, verdammt zu einem Dasein in der Schwerkraft. Ohne ein Geräusch zu verursachen lag sie plötzlich da, es war staubig, der hölzerne Untergrund hatte sie abgefangen, bevor der Dreck des Bodens sie überkam und sie unachtsam von Schuhsohlen und nackten Füßen getreten worden wäre. Ein leichter Windstoß verhalf ihr zu neuem Leben, der Schatten entfernte sich von ihr und wurde wieder unscharf, beglitt sie weit unter sich.

Sie tobte, schwebte und überschlug sich. Ein paar Sonnenstrahlen fing sie ab, bevor die Wärme des Lichts den Boden erreichte. Weiche Finger ergriffen sie, ein Kind rief seiner Mutter etwas zu. Im Takt der Schritte wippte sie mit, wurde geschüttelt und durch den Druck der Luft, die sie durchschnitt, gebogen, beinahe wäre sie gebrochen. Haare umgaben sie, weich wie Samt und scharf wie Rasierklingen. Die Bewegungen wurden schneller, die Schreie der Kinder lauter und auch das Lachen nahm zu. Sie löste sich, die Haare verschwanden und erneut umgab sie ein zarter Wind. Dann wurde es dunkel - und eng. Die Haut toter Tiere schloß sie ein, Papier streifte sie von allen seiten und drückte sie zusammen.

"Klick"; Warmes Licht traf sie, Licht, das nicht von der Sonne stammte sondern von einem Feuer. Es knisterte, eine Hand voller Wunden und Kratzer ergriff sie und drehte sie zwischen den Fingern hin und her. Ein ruhiger Blick traf sie, ein Lächeln, dann plötzlich glitt die Klinge eines scharfen Messers durch sie hindurch. Kurz darauf saugte sie sich voll mit schwarzer Flüssigkeit, lehnte an kühlem Glas und wurde bald wieder von zwei Fingerspitzen gehalten. Die Hand bewegte sich mit Schwung und zog sie über ein Blatt Papier, hob sie an und zog erneut ihre Bahnen. Worte entstanden, wo vorher nichts war als Leere, Worte der Liebe und der Zuneigung. Das schwarz verließ sie langsam, hinterließ seine Spuren und sie saugte sich ein weiteres Mal voll. Wieder und wieder, bis es der Worte genug waren. Sie verharrte in der schwarzen Flüssigkeit, im Dunkel eines kühlen Raums.

Zwei Männer unterhielten sich, lachten, diskutierten. Wieder wurde sie von der Hand ergriffen und zog ihren geschwungenen Weg, dann wurde sie weitergereicht. Faltig und rau, mit kleinen weißen und grauen Häärchen übersät, wurde sie geführt. Zackig war der Weg nun, nicht mehr geschwungen und mit viel stärkerem Druck. Sie durchkreuzte eine Linie, die nicht durch ihren Weg entstanden war, wurde angehoben und begutachtet. Erschütterungen, immer wieder knallte sie gegen das kühle Glas, an dem sie vorher noch gelehnt hatte. Schwarz spritze es aus ihr heraus, dann wieder Enge. Weißer Leinen überall.

Wenig später lag sie auf einem metallenen Untergrund. Fackelschein umgab sie von allen Seiten, dickes Pergament lag neben ihr. Ein leichter Windzug wirbelte den Staub um sie herum immer wieder auf. Ein Quietschen, ein Knall, Schritte hallten durch den großen Raum. Ein Weinkelch schepperte neben Ihr auf das Metall und verharrte. Die alten, faltigen Hände ergriffen sie und tränkten sie mit dunkelroter Flüssigkeit. Schütteln, schnelle Bewegungen, mit spitzen Richtungswechseln schoß sie über das Pergament, wieder entstanden Worte, diesmal keine Worte der Liebe sondern Worte des Todes. Keine Worte der Zuneigung, sondern Worte des Krieges. Rot wurde es getränkt, bevor das Pergament seinen Weg aufnahm.

Viele Pergamente erkundete und füllte sie. Mal mit Worten des Todes, mal mit Worten der Hoffnung, mal mit Zuversicht oder Versöhnung. Eines Tages, die Fackeln senkten die Umgebung in schummriges Licht, hielt sie dem Druck nicht mehr stand und brach. Ein roter Klecks verteilte sich auf dem Pergament und die alte, raue Hand, die mittlerweile schwach und zittrig geworden war, zerknüllte es. Flammen umgaben sie, es wurde heiß und heißer, bis sie schließlich verglühte.

Shahn Gomeli T.B. Trennlinie Impressum